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Brot backen - schnell, mittel, langsam


Variante 1 (die kurze/direkte Teigführung): Mehl und Wasser vermischen, einen Hefewürfel dazugeben. Eine Stunde warten und ab in den Ofen. Fertig.


Variante 2 (die mittlere Teigführung):
Bei der mittleren Teigführung verwende ich Hefe. Ich backe gerne damit, aber versuche mit sehr wenig auszukommen. Daher bereite ich sehr gerne einen Poolish her. Oder ich setze den Teig mit wenig Hefe an und lasse diesen dann für 10 bis 16, auch schon mal für 24 bis 48 Stunden, stehen.


Variante 3 (lange Teigführung):  Zuerst einen Sauerteig ansetzen und reifen lassen. Den Brotteig kneten mit dem Sauerteig als Lockerungsmittel. Hefe ist oft keine oder nur in sehr geringen Mengen nötig, denn der Sauerteig hat durch die lange Teigführung genug Zeit um ausreichend Triebkraft zu entwickeln. Anschließend wird dem Teig Zeit für eine lange Gehphase gegeben (Stockgare). Nach der Gare wird das Brot geformt (wirken) und bekommt noch einmal eine ausgiebige Ruhephase (Stückgare) gegönnt. Und dann, nach vielen Stunden, kommt es nun endlich in den Ofen.


Ich bevorzge eine lange Teigführung, sie hat viele eindeutige Vorteile:
1.    bessere Bekömmlichkeit
2.    besserer Geschmack
3.    längere Haltbarkeit


Bekömmlichkeit
Viele Menschen haben Verdauungsbeschwerden. Gehen sie damit zum Arzt, rät der häufig dazu, testweise einfach mal Milch- und Weizenprodukte wegzulassen. Und tatsächlich: Vielen hilft dieser Schritt sofort. In der nächsten, verfeinerten „Testreihe“ stellt sich dann für viele heraus, dass Milchprodukte vertragen werden, aber das Getreide tatsächlich Beschwerden verursacht. Glutenfreie Produkte werden gut vertragen. Auch Dinkel ist gut verträglich, nur Weizen macht richtig Probleme…
Damit scheint klar: Es ist eine Glutenunverträglichkeit. Kann das sein?
FODMAPS (fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole) Was sind FODMAPS?  Bei den FODMAPS handelt es sich einfach gesagt um verschiedene Zuckerverbindungen, die sich von unserer Verdauung nicht gut verarbeiten lassen. Verdauungsbeschwerden, Bauchschmerzen, Blähungen und Unwohlsein können die Folgen sein. Diese Zuckerverbindungen sind natürlicherweise im Mehl und somit im Teig vorhanden.
Die Konzentration der FODMAPS im Brotteig ist nach einer Stunde am höchsten. Danach fangen die im Teig (und vor allem im Sauerteig) enthaltenen Mikroorganismen an, diese Zuckerverbindungen abzubauen. Bereits nach vier Stunden sind sie kaum noch vorhanden. Und auch unsere Verdauung hat dann keine Probleme mehr.
Und das ist auch schon die Lösung des Rätsels: In der industriellen Brotherstellung muss alles schnell gehen. Lange Gehzeiten kosten Kapazitäten und Platz. Deswegen wurden die Teige und Prozesse (auch mithilfe verschiedenster Zusatzstoffe) so „optimiert“, dass ein Brot vom Kneten bis zum Backen ziemlich genau 1 Stunde braucht (schneller geht es wirklich nicht). Wir erinnern uns: Nach einer Stunde ist die Konzentration der FODMAPS am höchsten.
Bei allen industriellen Broten (verpackt im Supermarkt, aus der Backstation, aus den Backshops und auch aus vielen Bäckereien, die mit Backmischungen arbeiten), bekommen also viele Menschen Probleme, die nichts mit Gluten, aber viel mit der Verarbeitung der Brote zu tun haben.
Das ist übrigens auch die Erklärung, warum Brot aus Dinkel oder anderen Urkornsorten wie Emmer, Einkorn usw. oft viel besser vertragen wird, obwohl der Glutengehalt teilweise sogar etwas höher als beim Weizen ist: Solche Brote werden so gut wie gar nicht industriell hergestellt, denn Dinkel und andere „alte“ Getreide sind viel schwieriger zu verarbeiten und erfordern mehr Aufmerksamkeit und Sorgfalt des Bäckers. Das ist nichts für den Maschinenpark einer Brotfabrik. Dinkel- und Urkornbrote werden hauptsächlich von traditionellen, handwerklich arbeitenden Bäckereien, Bio-Betrieben usw. hergestellt. Und bekommen dort Zeit für die Reife. Mehr als eine Stunde.


Meinen Broten gebe ich die Zeit, die sie benötigen. Dazu braucht es Achtsamkeit und Erfahrung, da natürlich neben den Zutaten auch die äußeren Bedingungen eine Rolle spielen. Zum Beispiel beeinflusst die Raumtemperatur in der warmen Jahreszeit enorm die Gehzeit des Brotteiges, sodaß ich immer ein Auge darauf haben muss.
Damit alles frisch ist, backe ich zeitig in der Früh bis in den Vormittag hinein. Dafür erstelle ich mir einen Backplan, der alle Handgriffe, Geh- und Backzeiten berücksichtigt.
Es macht mir Freude, gesunde Brote herzustellen, von denen ich weiß, was enthalten ist.
Auch wenn ich ab und zu viele Brote und Gebäckstücke in einem gewissen Zeitrahmen fertig haben muss, entspannt und erdet mich Brotbacken.

 

 

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